VERNISSAGE in der Galerie Vorspann / Bad Eisenkappel ( Oktober 2006 )

 

Rede von Dr. Curt Cervenka

 

 

Edwin Wiegele

 

Gerne nehme ich die Einladung an, einige Worte an Sie meine sg. Damen und Herren über den Künstler Edwin Wiegele oder Ed, wie in seine Freunde nennen, zu richten.

 

Wer ihn kennt weiß, welch ,Unruhegeist’ sich in seinem Körper befindet. Ständig ist er bemüht, Neues aufzufangen indem er Fragen aufwirft, diese oft selbst beantwortet oder in den Diskurs tritt.

 

Jedenfalls gibt es bei ihm in seiner künstlerischen Tätigkeit kaum einen längeren Stillstand. Das bezieht sich nicht nur auf seine Malerei, sondern auch auf die Musik, wo er kompositorisch tätig ist oder auf das Medium Film, wo seine Experimente erstaunliche Resultate erzielen.

 

Nicht zu vergessen wäre hier zu erwähnen, dass man Ed manchmal als Interpreten eigener aber auch anderer Kompositionen hören kann.

 

Dass er zusätzlich noch eine Galerie leitet und als Kunsterzieher tätig ist, rundet diesen umtriebigen, weit über unsere Grenzen hinaus bekannten und erfolgreichen Künstler ab.

 

Seine vielen Einzelausstellungen und Ausstellungs- beteiligungen im In- und Ausland, u. a. in Italien, Slowenien und Türkei, verbunden mit entsprechenden öffentlichen Ankäufen bekannter Adressen, weisen auf Wiegeles Qualität hin.

 

 

Nun zu dieser Ausstellung:

 

Die verschiedenen Sujets, die uns hier geboten werden, legen einerseits Zeugnis über sein breit gefächertes künstlerisches Artikulationsterrain ab und zeigen anderseits den unterschiedlichen Einsatz bildnerischer Techniken.

Der Titel „(Seh’n)Sucht“, als Zugang für den Rezipienten und gleichzeitiger Hinweis auf eine Botschaft, gibt den Blick frei auf Inhalte, die derzeit Edwin Wiegele bewegen. Inhalte, die begleitet werden mit seinem Verlangen: der ,Sucht nach Mitteilung’.

 

Seine naturalistischen ,Strandszenen’ etwa inkludieren zunächst scheinbar Vordergründiges, signalisieren aber auf den zweiten Blick gesellschaftskritische Momentaufnahmen. Das sorglose lethargische Sitzen oder Liegen beleibter Personen in Bleistifttechnik sieht Wiegele im kritischen Kontext zu unserer Wohlstandsgesellschaft.

 

Die verspielten, ähnlich einem Musikstück komponierten Linien wirken im Widerspruch zur erwähnten Kritik, sollen aber meiner Auffassung nach einen ironischen, als sublimierte Meinungsäußerung erdachten, Kontrapunkt darstellen.

 

Oder beispielsweise zwei Szenen in farbiger Mischtechnik entworfen, einmal mit Menschen, einmal mit Muscheln, korrelieren gegenübergestellt insofern, als sie sich zwar in der Darstellung ähneln, allerdings durch das Dargestellte unterscheiden. Diese Gegenpositionierung mündet jedoch in eine Aussage: „Die Muscheln, angeblich wahllos angeordnet, karikieren hier die gewählte Liegeordnung der Menschen“.

 

Bei Betrachten seiner ebenfalls gegenständlichen, in Ölkreide und Bleistifttechnik gestalteten Stierkampfszenen spürt man förmlich Ed’s subtile Stellungnahme zum unfairen ,Duell’ von Mensch und Tier. Die verwendeten Farben kündigen uns eine schonungslose Dramatik an, welche durch spezifische Ausschnitte eine nochmalige Steigerung erfährt.

 

Eine Parallele zu Pablo Picasso, die jedoch ihrem Inhalt nach konträr gesehen werden muss, wird transparent. Hier Edwin Wiegele, obwohl Bewunderer Picassos, ein Gegner dieser polaren Auseinandersetzung, dort Picasso als wahrlich enthusiastischer ,Gast der Arena’.

Beiden gemeinsam liegt gewiss die Strategie zugrunde, durch vergleichbare Beschäftigung mit variierter Kunstäußerung, einer eventuell aufkeimenden Gleichgültigkeit entgegenzuwirken, um vielleicht Picassos Zitat : „Kunst wäscht den Staub des Alltags von der Seele“ zu erfüllen.

 

Wiegele wird nie müde, sich ständig in vielen bildnerischen Facetten zu artikulieren und er versucht auch permanent als ein ,Seismograph des Zeitgeistes’, neue Interpretationen zu formulieren. In quasi postmoderner Weise verändert er beliebig seine Sujets und Techniken und wird somit seinem inneren Drang nach Innovation gerecht.

 

Ob es sich bei ihm um seine ausgereizte Aquarelltechnik, die er mit viel Erfolg bereits in jungen Jahren praktiziert hatte oder um Misch – bzw. Acryltechnik handelt ist einerlei. Im Vordergrund steht seine sichtbare Freude zur Farbe und Struktur, wobei bewusst gestaltete Gegensätze dialektisch positioniert werden.

 

Einige Exponate sprudelnder Massen, die den Rezipienten in eine komponierte Raumtiefe ,drängen’, werden hier mit Arbeiten einer beinah’ zweidimensionalen Bildgestaltung, die sachlichen Zugang ,gewährt’, konfrontiert.

 

Die Lust am Experiment, gepaart mit der notwendigen Neugierde, evoziert Neues und fordert den Künstler
Wiegele, dessen Vater ebenfalls künstlerisch erfolgreich tätig ist, immer wieder heraus, um sich vielleicht ihm gegenüber als Pendant einerseits und der Öffentlichkeit andererseits, mit kreativen Konstellationen und Perspektiven zu präsentieren.

 

Indem Ed Unscheinbares offenbar liebt, erhebt er es durch partikulare, teils isolierte Darstellung zur Kostbarkeit und eine persönliche Wertung des Künstlers zum Gegenstand wird ersichtlich. Die gezielte, aufeinander abgestimmte Reihung der Dinge bewirkt somit eine Wertsteigerung, die mehr ist als die Summe der Einzelteile.

 

Bei genauer Analyse seines Oeuvres kommt auch ein erotisches Moment zum tragen, welches in seinem Leben, wie er sagt, von wesentlicher Bedeutung sei.

 

Das entfernte Verwandtschaftsverhältnis zum Nötscher Kreis wird in seinen Farben evident, nicht jedoch in seinen Formulierungen. Die Lust auf Kunst, verbunden mit Talent und Fleiß, lässt ihn in diversen Projekten und Wettbewerben oftmals an vorderster Front reüssieren:

 

Etwa die Beleuchtung der Stauseebrücke sowie sein ,Segel’ auf der Insel in Völkermarkt, Bebilderung im Seniorenheim, öffentliche Auftragsarbeiten und die schon erwähnten Ankäufe legen Zeugnis ab über Wiegeles weiträumiges Kunst- und Gestaltungsvermögen.

 

Aber auch in zahlreichen Lehrveranstaltungen und Seminaren des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst tritt er einflussreich in Erscheinung.

 

Vielleicht sollte ich hier noch einige Akzente aus Ed’s umfassender Schaffensperiode im Rahmen seiner künstlerischen Laufbahn erwähnen?:

 

Geboren am 20. 8. 1954 in Villach, Ausbildung zum Kunstpädagogen. Er absolvierte etliche Kunstreisen und hatte beachtliche Ausstellungserfolge in Europa; bedeutende Ankäufe, u. a. der Albertina in Wien mit der größten grafischen Sammlung der Welt, wären hier zu erwähnen . Seine Botschaft lautet: „Liebe statt Krieg!“, „die Menschen sollen aufeinander zugehen und Toleranz üben!“ Seit ca. 15 Jahren involviert Wiegele den Begriff Liebe, zum Teil auch als Metapher, in seinen Arbeiten.

 

Ich wünsche Edwin Wiegele weiterhin viel Elan, Geist und Mut zur Veränderung, Gesundheit sowie künstlerische Beachtung. Mögen Sie hier, meine sg. Damen und Herren, viel Freude und Genuss empfinden und lassen Sie mich mit den philosophischen Worten Michelangelos, in Anlehnung an die heutige Präsentation eines bemerkenswerten und ,eigen-artigen’ Künstlers, schließen:

„Die Hand, die dem Intellekt folgt, kann Leistungen vollbringen!“

 

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

 

 

Dr. Kurt Cervenka, Eisenkappel, 7. 10. 2006

 

 

 

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